Druckersignet mit Chryptogramm: Dreifaltigkeitsblume und 1004 v.Chr.-1999

Zum angeblich 400. Todestag Shakespeares

von Gerd Philipps
                              Tir’d with all these, from these would I be gone –
                               Save that, to die, I leave my love alone.
                               All dies gewahrend möchte ich begraben sein,
                               ließ ich, gestorben, meine Liebe nicht allein.
                                                                                      (Son.66)
Seit mehr als 400 Jahren ist die Identität des Mannes
umstritten, der Shakespeare geschrieben haben soll.
Keines seiner Manuskripte blieb erhalten, keine Briefzeile;
147 handschriftliche Zeilen zu einem Gemeinschaftswerk
„Sir Thomas More“ (um 1592) sind umstritten...
Und allmählich rückt auch immer mehr eine andere Frage
in den Mittelpunkt der Diskussion: Wie gehen wir mit
der Wahrheit um? Für die Fachwelt gehört die weithin
anerkannte Tatsache, Shakespeare sei am 23. April, dem
Tage seiner Geburt, gestorben, zum gesichertsten Bestand
der Skakespeare-Forschung überhaupt: Er wurde
in der Kirche der Hlg. Dreifaltigkeit zu Stratford an der
Nordseite des Chores beigesetzt. Die drei Unterschriften
unter das Testament vom März 1616 verraten bereits
große körperliche Schwäche... Und er verfügt die in Stein
gemeißelte Anweisung, man möge sein Grab bitte nicht
öffnen. Dazu berichtet die Legende, er habe kurz zuvor
einen Umdrunk mit Drayton und Ben Jonson gehabt,
der seiner Disposition nicht sehr zuträglich gewesen sein
soll...
Nun sieht es so aus, als sollten wir uns, auch aus gegebenem
Anlaß, vom gesicherten Bestand legendärer Forschung
vorsichtig verabschieden. Doch müßten wir dazu
die Frage etwas genauer klären.
„Wenn ich gestorben bin, so traure länger nicht/als mürrisch
düstre Glocken schlagen./ Der Welt von dem Verhängnis
gib Bericht,/ was mich von übler Welt zum üblern
Wurm dahingetragen...“ (Son.71)
<1 >
Was hindert die geballte Forschung seit mehr als 400
Jahren? Daß es gar keine Lösung gibt? Wozu dann die
Forschung? Daß die Überlieferungen von unglaublichen
Widersprüchen strotzen? Das gab es von Anfang an.
Da behauptet ein Robert Greene 1592 (A Groatsworth
of Wit, bought with a Million of Repetance; ‚Ein Groschen
Witz mit einer Million Gewissensbisse erkauft‘) Shakespeare
wäre gar kein Dichter: ‚Eine emporgekommene
Krähe, die sich mit fremden Federn schmücke, macht
als Hans Dampf im Theaterleben den eigentlich befugten
Dramatikern derart Konkurrenz, daß es sich kaum noch
lohne, für die Bühne zu schreiben ...‘
Sechs Jahre später rühmt ein mysteriöser Geistlicher,
Francis Meres, in seiner Palladis Tamia, der ‚Schatzkammer
des Geistes’, Shakespeare überschwenglich als
Dichter und bemüht dafür einen merkwürdigen Vergleich
mit der Seelenwanderung der Pythagoräer: „So wie es gedacht
ist, daß die Seele des Euphorbus in Pythagoras
lebt, ...so lebt die Seele des klug-süßen Ovidius Naso im
honigsüßen Shakespeare…“
As the soul of Euphorbus was thought to live in Pythagoras,
so the sweet witty soul of Ovid lives in mellifluous
and honey-tongued Shakespeare, witness his ‘Venus and
Adonis, his ‘Lucrece’, his sugared sonnets among his private
friends, ... (Sollte äußerste Widersprüchlichkeit dem
Meister vielleicht sogar als ein Transportmittel, als ein
Vehikel zur Dauer dienen?)
Ja kann man denn nicht mit ganz einfachen Fragen zum
Kern der Problematik vorstoßen? Freilich behindert die
Unmenge an erklecklichen Schürfungen, ein schwer lastender
Himalaja an Abstrusitäten, die Forschung. Hinzu
kommen institutionell verwaltete Prätendentenschulen
– mit jeweils einem Anwärter auf den Sockel des Meisters
– Hochburgen von geradezu okkulter Vereinnahmung:
Stratfordianer, Oxfordianer, Marloweisten, Baconisten,
<2 >
Verehrer der Queen-Hypothese, Derby‘s u.s.w. Man ist
fast geneigt, mit den Spätstoikern zu sagen: „Da sich jener
undeutlich ausgedrückt hat, haben diese hier etwas,
worauf sie sich was einbilden können.“
Ich denke, der entscheidende Vorstoß zur Problematik ist
es, zunächst zu verstehen, daß Shakespeare die Wahrheit
nicht verschütt gehen läßt, daß er sie verwahrt, gegen
die Zeitverheerungen, gegen die Sockel-Anbeter, gegen
die verleugnerische Phrase. Selbst, wenn er eigenhändig
falsche Spuren setzt – Shakespeare gibt die Wahrheit
nicht (dem Verfall) preis.
Eine andere wichtige Prämisse für die Lösung der Shakespeare-
Problematik ist die Feststellung, erneut gegen
jeglichen Augenschein, daß es gerade bei einer so bedeutenden
Schöpfung, wie der Shakespeareschen, eine
enge Verbindung zwischen Leben und Werk, zwischen
Dichtung und Wahrheit geben darf. All is true, heißt es
an mehren Stellen. Der Grundsatz durchzieht das ganze
Werk.
Im Streit der Schulen fragen die Stratfordianer: ‚Wieso
hätte es ein Shakespe(a)re geduldet, daß die unter seinem
Namen überlieferten Stücke gar nicht von ihm sind,
und dieser andere auch noch zwingende Gründe hatte,
über seine Lebenszeit hinaus die Urheberschaft zu verheimlichen?‘
Wir kennen Gründe (vorerst) nicht, doch
ahnen wir hier etwas von einer Art gütig-trotziger Eitelkeit
des Meisters, oder schlichter gesagt, einen gesunden
Ehrgeiz, der ihn umtreibt, und an dem wir ihn vielleicht
„fest“machen können. Also, mit anderen Worten: Die
Wahrheit muß vorhanden sein. Es gibt eine Lösung!
Doch wenn Shakespeare die Wahrheit nicht verschütt
gehen läßt, müßte sie an einem Ort verankert, verborgen,
verwahrt sein, wo sie, anders als die Fundamente unserer
gesicherten Forschung, eben nicht verloren geht.
„Nicht Marmor, noch der Ehrensäulen güldner Schein /
<3 >
solln überdauern dieses Reimes Mächtigkeit...“ (Son.55)
‘Not marble, nor the gilded monuments
Of princes shall outlive this powerful rhyme;
But you shall shine more bright in these contents
Than unswept stone besmear’d with sluttish time.
Dieser Ort dürfte nur das Werk sein, der wohl einzig uns
verbliebene Gradmesser der Wahrheit überhaupt.
Aber das Werk ist beträchtlich. (37 Stücke, mehr als
20 Stückbeteiligungen, Versepen, Sonette,... und: Man
kennt es! Also: im Werk, und wo im Werk, mit Verlaub?
Da, wo sich üblicherweise die Wahrheit verborgen hält,
unter der Narrenkappe, wollte man meinen. Als einer der
schärfsten Kritiker des Barden rügt Graf Leo Tolstoi die
sinnlosen Wortspiele und närrischen Possen des Meisters
als Verirrungen aristokratischer Sittenlosigkeit:
„Auch Shakespeare wäre nur ein Beispiel mehr für den
unaufhörlichen Verfall der religiösen Dramenthematik
der Alten gewesen...“ Wir rehabilitieren hier den Meister
von der Kritik seines Kollegen, indem wir ihm für die närrischen
Possen und Beeinträchtigungen der gediegenen
Handlungsführung eine weitergehende Nutzensanwendung
unterstellen. Doch närrische, auch geniale Possen
gibt es etliche im Werk. Wir müssen tiefer ansetzen.
Wir erwähnten diesen merkwürdig umständlichen Hinweis
von Francis Meres auf die Seelenwanderung der
Pythagoräer in der Palladis Tamia. Im Werk stoßen wir
einigemale darauf.
Narr: „Gehab’ Dich wohl! Verharre Du immer in Finsternis!
Ehe ich Dir Deinen gesunden Verstand zugestehe,
sollst Du die Lehre des Pythagoras bekennen und Dich
fürchten, eine Schnepfe umzubringen, auf daß Du nicht
etwa die Seele Deiner Großmutter verjagen mögest...“
Twelfth Night (IV.2.54)
Sollte hier der Schlüssel zur ‚Schatzkammer des Geistes‘
verborgen sein? Die ‚Seelenwanderung‘ der Pythagoräer
<4 >
wird im Werk mehrfach genannt, doch ein Hinweis auf
ihre heiligen Zahlen, die sie dem kosmischen Geschehen
und seiner Harmonien zugrunde legen, fehlt.
Im Werk finden sich nicht nur einige Zahlen, es kommen
sogar ganze Zahlenkomplexe vor, die allerdings etwas komisch
anmuten (insgesamt vielleicht zwanzig).
Wozu antwortet der Dorfbursche William in As you like it
auf die Frage, wie alt er sei, dem Hofphilosophen Probstein,
seinem Kontrahenten auf die Hand der reizenden,
doch widerspenstigen Audrey, „25“? Was hat es mit den
27 Wunden des Coriolan auf sich? Oder mit dem Alter
Julias in Romeo und Julia (I. 3. 13 ff.) – Ich wette vierzehn
meiner Zähne drauf. Zwar hab ich nur vier Zähne; ich
arme Frau; sie ist noch nicht vierzehn. – Oder beim Hexentanz
im Macbeth die genaue Anweisung: ‚...dreht euch
so herum...‘ Im Dialog mit Ophelia (III.2.128-137) geht
es um die Frage, wie lange der Mord an Hamlets Vater
„zurückliegt“ u.s.w.
Bei den Pythagoräern ist die Zahl der (Ver)mittler zwischen
dem sinnlich realen Leben und dem Geistigen. Hier
im Werk könnte es sich bei einer einfachen, uns möglicherweise
sinnlos erscheinenden Zahl, um das Resultat
von Operationen handeln, die von realen, historischen
Ausgangsdaten stammen. Wollen wir diese (möglicherweise
biographischen) Daten zurückgewinnen, sie rekonstruieren,
müssen wir die Operationen umkehren.
Aber was wäre das für eine neckische Posse des Meisters,
wenn er die (oft belächelte) Philosophie der Pythagoräer
dazu benutzt, daß er seine, die genuine Biographie, mit
der Essenz des Geistes, hier das Werk oder werkeditorische
Zeit-Angaben, ins Verhältnis setzt!
Und noch eine Schwierigkeit gab es zu bewältigen:
Die Zahlenrätsel lassen sich nur lösen, wenn die Basiszahlen
der echten Biographie bekannt sind. Mit anderen
Worten: Die Lösung ist die Voraussetzung für die Lösung.
Wie löst man ein solches Paradoxon? Die Antwort
<5 >
lautet: Schrittweise! Eines lösen und mit dessen Hilfe
das nächste. Und es sind pythagoräische Verkehrungen
des Hades zu berücksichtigen, die im ‚Theater der Schatten‘
statthaben können. Das sind aus Gründen ausgleichender
Gerechtigkeit Verkehrungen des Ortes, des
Standes, der Zeitbezüge (vor oder zurück) der Charaktere,
des Geschlechts etc.
Nicht ein angeblich 1564 geborener William Shaxpere
aus Stratford ist 1581, zum Zeitpunkt der Handlung des
Stückes As you like it , „25“, sondern die, nach ihrer Grabinschrift
1556 geborene Anna Hathaway. (Und es handelt
sich bei ihr um die wegen Vertrauensbruch mit der Krone
– eine voreheliche Schwangerschaft – nach Stratford
verbannte, zum Protestantismus zwangskonvertierte,
mit dem Stratforder zwangsverbandelte Ehrendame der
Königin, Anne Vavasour.) Um die Ehe als ungültig deklarieren
zu lassen, sind die Unterlagen drastisch verfälscht,
werden grobe Rechtschreibfehler lanciert: ‚Anna
Whataley‘...Bis endlich, auch mit Drohung gerichtlicher
Verfolgung (ein gewildertes Hirschkalb) der Findling und
störende Ehemann in die Theaterschmiede des Dichters
nach London gelockt wird.
(„Zu Dir renn ich und laß es/ihn wie es/er möchte gehn.“
Towards thee I’ll run and give him leave to go. Son.51)
bittet der Dichter thee, die Königin, let him Hath-a-way,
um einen Friedens-Kompromiß (das Thema in As you like
it) zur Herstellung seines Status quo als Oberkämmerer
Ihrer Majestät.
Da wußte niemand, am wenigsten er selbst, (Einl. Z. 157
ff. Zähmung der Widespenstigen) daß der: „durch Geburt
ein Hausierer, durch Erziehung ein Hechelkrämer, durch
Verwandlung ein Bärenführer und nun nach (s)einer
jetzigen Hantierung ein Kesselflicker“, (in der Theaterschmiede),
der Stratforder Shaxpere, eigentlich für den
Thron Englands vorgesehen war.
<6>
Hier haben wir den eigentlichen (äußeren) Anstoß für
die Entstehung der Shakespeare-Problematik überhaupt und sein
währendes Mysterium: Der Verbleib des Sohnes der als
jungfräuliche Monarchin in die Annalen der Historie eingeführten
Königin Elisabeth. Er wächst in der neuen Familie
des einstigen Großsiegelbewahrers, nunmehr John
Shakespeare, und Mary Ardens auf, wird 14-jährig am
26. April in der St.Trinity Church zu Stratford getauft.
Wenn William auch noch auf die Frage (As you like it V.1)
: Wast born i’ the forest? antwortet: Ay sir, I thank God. so
dürfen wir annehmen, daß dies vor allem nicht! stimmt.
Die noch minderjährige Elisabeth benötigte einen vorzeigbaren
Beweis ihrer Anwartschaft auf den königlichen
Thron gegenüber ihrer Halbschwester, Maria der Blutigen.
Das (heidnische) Ritual um den Bestand der Krone findet
möglicherweise zu einer Vollmondnacht Ende Juli 1549
im Forest von Arden bei Stratford statt: Der Erstgeborene
soll König sein. Zwei Knaben werden im April des nächsten
Jahres geboren. Der Sprößling der späteren Königin
kommt unter konspirativen Umständen zu Hedingham
Castle, Essex, am 22. April 1550 zur Welt. Doch er zeigte
wenig erfreuliche Anlagen für eine spätere Anwartschaft.
Und auch der andere, am 23. April geborene, sollte nicht
König werden...Freilich in Anbetracht der Zeit ...
Doch angesichts der Zeit, des Zufalls tausendfach,
der Eide bricht, die königlich erlassen waren,
wo Schönheit mürbe wird, der Vorsatz schwach,
stumpft sich der feste Sinn zum Wandelbaren.
But reckoning Time, whose million’d accidents
Creep in ‘twixt vows, and change decrees of kings,
Tan sacred beauty, blunt the sharp’st intents,
Divert strong minds to the course of altering things. –
(Son. 115)
Der mehr innere Anlaß für die Entstehung der Shakespeare-
Problematik, und das ist auch die Antwort auf die
Frage, warum der Stratforder einem anderen die Veröf
<7>
fentlichung unter seinem Namen erlaubte, war es, einem
dauernd vom Schicksal Geprellten, wenigstens Gerechtigkeit
widerfahren zu lassen, und sei es nur durch den
Namen, der in den Herzen der Menschen weilt und auf
den Buchdeckeln prangt: Aus tiefverbundener Dankbarkeit...
Mit der Lösung der Zahlenrätsel fallen die fälschlich
eingestreuten Legendenschichtungen heraus, die Prätendentenverhältnisse
klären sich, die echten Puzzle-Steine
passen zusammen und die bisherigen blinden Flecken
der Biographie werden fast vollständig getilgt.
Von einem Dichter, von dem man bisher wenig wußte,
sind uns nun sogar die Umstände seiner Zeugung bekannt.
(In As you like it ist der närrische Jack eine Verballhornung
der jungen Queen. Im Sommernachtstraum
flochten heidnische Feen die Mähnen der Pferde...)
Wir erhalten eine von Shakespeare selbst autorisierte,
überraschend stimmige Biographie. Vor allem bestätigt
sich der Grundsatz der Vernünftigen um die enge Verbindung
zwischen Leben und Werk des Dichters.
Und was sagt Shakespeare nach dieser Vorgehensweise
zu seinem eigenen Sterbedatum am 23. April 1616?
Er setzt es in Zweifel oder genauer gesagt, er setzt es ins
Verhältnis zu einem anderen Sterbedatum. Das Zahlenrätsel
befindet sich im Othello. Die Szene (mit dem historischen
Hintergrund der Seeschlacht bei Lepanto 1571)
bietet uns aus aktuellem Anlaß drei (pythagoräisch: die
Meinung) verschiedene Berichte über die Kampfstärke
der türkischen Flotte (I.3.1 ff.):
Duke. There’s no composition in this Newes,
That gives them Credite.
1. Sen. Indeed, they are disproportioned;
Doge: In diesen Briefen fehlt Zusammenhang, der sie
beglaubigt.
1. Senator: Jawohl, sie weichen voneinander ab.
Und das Rätsel, in dem wiederum die genaue Anweisung
< 8>
erfolgt, wann wir addieren, wann subtrahieren sollen, beschert
uns die stolze Zahl 416. (As in these Cases where
the ayme reports, ‘Tis oft with difference) yet do they all
confirm ... „zusammen“ 106+140+200 – Of thirtie Saile:
and now they do re-stem their backward course „rücklaufend“
– (minus) 30 Segel =416, was also keine zufällige
Inszenierung sein kann.
Was ist das für eine Zahl? Da (nur) die Differenz voneinander
abweicht, könnten zwei Jahreszahlen gemeint sein:
1604 und 1616. (‚In diesen Briefen fehlt Zusammenhang,
der sie beglaubigt. Jawohl sie weichen voneinander ab.‘):
Das Todesjahr „Oxfords“ (des Stratforders als leidliches
Oxford-Double in der Shakespeare-Werkstatt)1604 und
das Todesjahr Shakespeares 1616 weichen voneinander
ab? Da ersterer mit allen Insignien seines hohen Standes,
er war tatsächlich auch ein Graf und ein Halbbruder
des Dichters, in der Familiengruft derer zu Oxford beigesetzt
wurde, und angeblich an der Pest starb, bestünde
die Abweichung darin, daß letzteres kein Todesjahr ist.
Die meisten Zahlenrätsel haben dieses Mysterium Shakespeares
zum Gegenstand, so auch, wie erwähnt, im Macbeth,
wo es um die Reue-Frist des Dichters und um die
Loslösung vom Bannfluch der Mordbeteiligung durch
schöpferische Abbuße geht. (I.3.18-37)
Wollten wir die Frage noch deutlicher beantworten, warum
1616 kein Todesjahr Shakespeares ist, brauchten
wir nur die Stichhaltigkeit der ‚Bacontheorie‘ zu überprüfen.
Hierfür reicht es nicht, festzustellen, daß die Großsiegelbewahrer
Nicholas Bacon und Francis Bacon von
Amts oder Staats wegen „falsche“ Identitäten hatten oder
daß die Bacon-Cryptogramme in frühen Shakespeare-
Drucken (Die Zähmung Einer Widerspenstigen, 1594, aber
auch in der „Raubkopie“ des Hamlet von 1603) zu der
Schlußfolgerung führen, das Bacon-Synonym hätte es
noch vor dem Shakespeare-Synonym gegeben. Oder daß
die Korrekturen für die Folio-Ausgabe nur Shakespeare
<9>
selbst hätte meistern können. Aber die Biographien der
beiden Bacon-Brüder Francis und Anthony sind so aufeinander
abgestimmt, daß die vorherige zwölfjährige „Abwesenheit“
des Stratforders (Anthony) mit Kränklichkeit
und notwendigen Kuren auf dem Kontinent entschuldigt
wurde, und er erst 1591 in die Gesellschaft eingeführt
wird.
Einen merkwürdigen Beitrag zu unserer Frage, ob der
Dichter 1616 gestorben sein kann, liefern die Stratfordianer
selbst. Sie scandieren nunmehr lautstark gegen
sämtlich verschworene Theorien: Shakespeare beats
back!, „...schlägt zurück“, obwohl sie ihren Kandidaten
bereits 1616 zu Grabe getragen haben wollen. (Ungeachtet
dessen wurde ihnen ausdrücklich versichert, daß der
Geburtsort des Barden, Stratford on Avon, als Shakespeare-
Birth-Place-Trust, tatsächlich erhalten bleibt.)
Nach dem Zahlenrätsel im Hamlet (1600) sind wir, lassen
wir wie die Pythagoräer die Dezimalstellen unberücksichtigt,
wonach ein halbes Jahr im Text durchaus 500
Jahren in der Realität entsprechen könnte, mit der Auflösung
der Rätsel um den Stratforder, die den Bestand der
Shakespeare-Church garantieren sollen, und die beginnt
mit seinem Todesjahr 1604 (er starb 54-jährig), um weniger
als ein Jahrhundert zu früh.
Wir befinden uns noch am Anfang des digitalen Zeitalters,
zu dessen Vorläufern auch die Pythagoräer zählen.
Wie halten wir es mit der Wahrheit? Und kommt es bei
einem so bedeutenden Werk wirklich auf genauere Datierungen
an?
Gerd Philipps; „Shakespeare - Das Sphinxrätsel der europäischen
Literaturgeschichte - Die Biographie“
Pablos Edition Leipzig, 2013; 2. verbesserte Auflage, 299
S.; 32 Exempl.; 36 Abb.; drei Originalgraphiken; Fadenheftung,
Pp; 18,5x14 cm; Restexemplare
70,-€; ISBN 978-3-936941-04-3 oder direkt beim Verlag
Bellebener Str. 30; 06347 Gerbstedt ; PablosEdition@kabelmail.de
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